23.9.2025
Todeswünsche sind manchmal auch Lebenswünsche
Vortrag von Dr. Martin Splett zum assistierten Suizid
Dr. Martin Splett ist Referent für Hospizarbeit und Trauerseelsorge im Bistum Osnabrück. Er informierte an diesem Abend über rechtliche, ethische und christliche Aspekte beim assistierten Suizid (Beihilfe zur Selbsttötung). Knapp 50 Interessierte waren der Einladung des Hospizvereins zu diesem Vortrag im Pfarrheim der Kirchengemeinde St. Martinus gefolgt.
An den Anfang seiner Ausführungen stellte Splett einige begriffliche Klärungen: Er plädierte nachdrücklich dafür, wertneutral von Suizid bzw. Selbsttötung zu sprechen statt von Selbstmord, da bei letzterem immer eine moralische Verurteilung mitschwinge, die er ablehne. Beihilfe zu einer Selbsttötung könne z. B. darin bestehen, dem Sterbewilligen ein tödliches Medikament zu beschaffen und ihm zur Verfügung zu stellen. Wesentlicher Unterschied zur aktiven Sterbehilfe sei, dass der Sterbewillige dieses Medikament selbst einnehme. Werde das Medikament durch eine andere Person verabreicht, handle es sich um aktive Sterbehilfe, die in Deutschland nach wie vor verboten sei. Anschließend vermittelte der Referent einen Überblick über die Entwicklung der Rechtslage nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.2.2020. Mit diesem Urteil wurde das Verbot der sog. „geschäftsmäßigen Suizidhilfe“ aufgehoben. Das bedeute, dass Sterbehilfeorganisationen straffrei Beihilfe zur Selbsttötung leisten dürften. Zwei Anläufe zu einer gesetzlichen Neuregelung dieses schwierigen Feldes seien im Bundestag bisher gescheitert. Aktuell werde ein gemeinsamer Gesetzentwurf angestrebt, der eine gute Balance enthalte zwischen der Ermöglichung eines selbstbestimmten Suizides einerseits und dem Schutz Betroffener vor Missbrauch andererseits.
Eine ganz ähnliche Aufgabe zur sorgfältigen Abwägung ergibt sich lt. Splett aus ethischen Aspekten. Es bestehe ein weitgehender Konsens, dass das Recht auf Selbstbestimmung elementar zur Würde des Menschen gehöre und somit auch das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben. Nur geschehe Selbstbestimmung nie isoliert, sondern immer im Rahmen zwischenmenschlicher Beziehungen. Daher sei es geboten, in jedem Einzelfall sehr aufmerksam zu prüfen, wie frei ein Betroffener in seiner Entscheidung wirklich sei. Problem dabei sei allerdings, dass es bisher keine ausreichenden Antworten gebe auf die Frage, wie sich zuverlässig und verantwortbar feststellen lasse, ob ein Suizidwunsch tatsächlich frei und selbstbestimmt sei.
In seinen anschließenden Anregungen für Gespräche mit Betroffenen über ihren Suizidwunsch machte Splett deutlich, dass hinter diesem Wunsch auch ganz andere Wünsche und Sehnsüchte stehen könnten: Das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Zuwendung, nach Gemeinschaft und Geborgenheit oder nach Linderung des Leides. Diesen Aspekt fasste er zusammen in seiner Aussage „Todeswünsche sind manchmal auch Lebenswünsche.“
Hier finden Sie einen Bericht über einen früheren Vortrag des erfahrenen Hausarztes und Palliativmediziners Dr. Herwig Butz zum gleichen Thema.