Hospiz Hagen lg

Diagnose Krebs 13 b9.9.2019
Wie sage ich es meinen Kindern …

… dass sie kurz nach dem Tod des Vaters auch noch ihre Mutter verlieren werden? Wie kommt meine Frau nach meinem Tod zurecht? Und wo ist ein guter Ort zum Sterben? – Mit solchen und ähnlich existentiellen Fragen wird das Team der Psychosozialen Krebsberatungsstelle in Osnabrück immer wieder konfrontiert. Wie das Team mit diesen Fragen umgeht, erläuterte die langjährige Leiterin der Stelle, die Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin Annette Finke, bei einem Informationsabend des Hospizvereins Hagen im Pfarrheim St. Martinus sehr anschaulich und lebensnah an Hand von konkreten Beispielen aus ihrer eigenen Praxis.

„Die Diagnose Krebs stellt immer eine Überforderung dar; sowohl für die Erkrankten als auch für ihre Angehörigen“, stellte Finke fest. „Oft werden Lebensträume zerstört, und krankheitsbedingte Veränderungen in der familiären Rollenverteilung führen häufig zu Konflikten“, führte sie weiter aus. Geschlechtsspezifische Unterschiede im Umgang mit der Diagnose seien ebenfalls konfliktträchtig. Tendenziell hätten Frauen meistens ein größeres Mitteilungsbedürfnis, während Männer eher zum Rückzug neigten. Solche Unterschiede müssten im partnerschaftlichen Zusammenleben ebenso bewältigt werden wie bei bestimmten Krebsformen auch Einschränkungen in der Sexualität. Und manche Menschen müssten auf Grund ihrer Erkrankung das erste Mal in ihrem Leben lernen, Unterstützung von anderen anzunehmen.

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  Der Vorsitzende des Vereins, Klaus Schlautmann-Haunhorst, im Vorgespräch mit der Referentin

Finke erläuterte, dass es angesichts der großen individuellen Unterschiede kein einheitliches oder standardisiertes Vorgehen geben könne, wenn man den Anliegen der Ratsuchenden gerecht werden wolle. Je nach Situation biete die Stelle Einzel-, Paar- oder Familiengespräche an. Für Kinder gebe es eigene altersgerechte Angebote. In bestimmte Gesprächssituationen gehe man aber grundsätzlich mit zwei Fachkräften gleichzeitig. Zum Beispiel werde jüngeren Kinder bei einem Familiengespräch in der Beratungsstelle, in dem eine bedrohliche Diagnose mitgeteilt werde, immer Gelegenheit gegeben, sich bei offener Tür in einen Nebenraum mit Spielsachen zurückzuziehen, wohin eine der Fachkräfte das Kind dann begleite, damit es sich nicht allein fühlt.

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Die stellvertretende Vorsitzende Hilde Butz bedankte sich mit einem kleinen Präsent bei A. Finke, über das diese sich sichtlich freute.  

Eine Anmeldung in der Beratungsstelle zu einem frühen Zeitpunkt nach der Diagnose sei sehr zu empfehlen, betonte Finke. Je eher die schwierigen Fragen angesprochen würden, umso besser und früher könnten tragfähige Lösungen erarbeitet werden. Oftmals lasse sich durch entsprechende Hinweise auch der gesamte Behandlungs- und Reha-Prozess mehr durch die Betroffenen selbst steuern. Wobei in der Beratung das Steuer ganz in den Händen der Patienten liege: „Jeder hat das volle Recht, selbst zu bestimmen, worüber geredet wird und worüber auch nicht“, stellte Finke klar.

Für die rund 25 Zuhörer*innen wurde leicht erkennbar, dass Finke und ihr Team über enorm viel Erfahrung und ein sehr breites Wissen in ihrem Fachgebiet verfügen. Keine der Fragen, die sich im Umfeld einer lebensbedrohlichen Krebserkrankung stellen, ist ihnen fremd. Und vor allem: Zwischen den Zeilen wurde sehr deutlich spürbar, mit wie viel Respekt, menschlicher Wärme, Einfühlungsvermögen und Wohlwollen Finke und ihr Team den Ratsuchenden begegnen.

Weitere Informationen über die Angebote der Psychosozialen Krebsberatungsstelle finden Sie hier: https://www.krebsstiftung.de/.